Katrin Seidel: "Herr Vater, für Ihre diesjährige Ausstellung zur Museumsnacht haben Sie den Titel gewählt: „Artgerecht - Roots & Dreams". Das erinnert an artgerechte Tierhaltung, Hühner-KZ's usw. Was hat es damit auf sich?"
P.V.: Wir Menschen halten uns nicht „artgerecht“. Wir genießen die Annehmlichkeiten der Industriealisierung und nehmen damit gleichzeitig Einschränkungen und massive Nachteile hin, die mit unserer Überzivilisation zu tun haben.
Katrin Seidel: "Aber Sie wollen doch nicht zurück in die Steinzeit?"
P.V.: Natürlich nicht. Aber schauen Sie mal, Menschen in überdimensionierten Luxusfahrzeugen sind nun mal nicht glücklicher, als Kleinwagenfahrer. Es ist unübersehbar, daß sich die Segnungen der Zivilisation mehr und mehr gegen uns selbst wenden. Unsere nicht „artgerechte" Lebensweise hat viele unerwünschte Nebenwirkungen, Zivilisationskrankheiten, psychische Störungen, Umweltzerstörung, Reizüberflutung, eine ungesunde Beschleunigung des Lebensrhythmus, zunehmende Unfähigkeit „in sich selbst zu ruhen" usw. und es stellt sich die Frage, ob es nicht sinnvoll ist, wieder mehr zu den wirklichen Wurzeln des Mensch-Seins und Seins zurückzukehren.
Katrin Seidel: "Was geht Sie das als Künstler an?"
P.V.: Meine Aufgabe und Chance als Künstler ist es, gesellschaftliche Entwicklungen und Fehlentwicklungen zu spiegeln, dies nicht im Stile eines Wissenschaftlers, der rational begründbare Argumente vorzubringen hat, um sich Gehör zu verschaffen, sondern sozusagen mehr „aus dem Bauch raus". Einerseits mache ich meine Skulpturen, weil mir das einfach Spaß macht und weil da einfach was raus muss. Andererseits lässt es sich gar nicht vermeiden, eine Botschaft rüberzubringen, ganz egal, ob ich das nun will oder nicht. Und wenn dem schon so ist, dann soll das auch die richtige Botschaft sein.
Katrin Seidel: "Und was wollen Sie rüberbringen?"
P.V.: Na, bewußt erst mal gar nichts. Während des anfänglichen Entstehungsprozesses ist mir das auch egal. Der Gedanke wäre mir sogar eher hinderlich.
Aber wenn ich dann während der Arbeit zurücktrete und mir in Ruhe ansehe, was da unter meinen Händen passiert, dann fällt mir natürlich auch auf, daß das auch was mit der Welt um mich herum zu tun hat.
Und da ist mir auch der Titel der aktuellen Ausstellung - Artgerecht - Roots & Dreams - eingefallen. Es ist sicher kein Zufall, daß ich mit Wurzeln arbeite, daß mich die Natur, so, wie sie ist, anspricht.
Zurück zu den Wurzeln im ganz praktischen und auch im übertragenen Sinne, das ist es.
Katrin Seidel: Herr Vater, ich danke Ihnen für das Gespräch und wünsche Ihnen viel Erfolg und Freude und hoffe, daß wir noch viel von Ihnen zu sehen bekommen.
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